Zweite Chance

April 2020

Die Angstindikatoren haben sich wieder einmal als sehr treffsicher erwiesen. So erreichte der VDAX am 16. März mit 86,01 Punkten einen Extremwert wie zuletzt 2008 nach der Lehman-Pleite. Ein sicheres Zeichen für Panik. Und wieder markierte der DAX just am selben Tag mit 8255 Punkten (intraday) sein bisheriges Verlaufstief. Ähnlich lief es in den USA, wo der Volatilitätsindikator VIX am 18. März mit 85,5 seinen Höchstwert erreichte – drei Börsentage vor dem bisherigen Tiefststand im S&P 500-Index bei 2237 Punkten. Heute liegt der DAX wieder bei 10.675 (+29,3%) und der S&P 500 bei 2761 (+ 23,4%). Wieder einmal hat sich gezeigt, dass antizyklische Käufe in der Panik sehr lukrativ sind und wesentlich weniger Risiko beinhalten als Käufe in einer allgemeinen Euphorie.

Börsenkrisen sind in der Regel nicht vorauszusehen. Auch wenn man hinterher immer schlauer ist. Die Corona-Pandemie und der gleichzeitige Zusammenbruch der Ölpreise haben zu einem konjunkturellen Herzinfarkt geführt, dessen Folgen heute noch nicht absehbar sind. Diese Verwerfungen haben den Aktienindex DAX aus seinem langfristigen Bewertungsband nach unten gedrückt, was extrem selten vorkommt. Zumal vorher schon viele Value-Aktien sehr niedrig bewertet waren. Uns haben das Ausmaß und die Schnelligkeit dieses Börsencrashs jedenfalls klar überrascht. Getreu unserer antizyklischen Grundeinstellung haben wir unsere Aktienpositionen gehalten und den Kurseinbruch für sukzessive Zukäufe mit nach unten gestaffelten Limits genutzt. Einige Positionen wurden dabei zu früh zugekauft, andere haben wir recht günstig in der Nähe der Tiefstkurse erwischt.

Wie geht es weiter? Grundsätzlich misstrauen wir der aktuellen Erholung und da geht es uns wie vielen anderen. Auch laufen wir grundsätzlich steigenden Kursen nicht hinterher sondern warten auf die nächste Chance. Diese könnte es in den nächsten Monaten durchaus geben, zumal noch viele Hiobsbotschaften beim Konjunkturverlauf und den Unternehmensgewinnen kommen werden. Die Panikphase haben wir zwar inzwischen hinter uns doch markiert diese nicht unbedingt das Ende in einem Abwärtszyklus. Oft kommt es noch zu einer Phase der Kapitulation und anschließend der Resignation. In der Kapitulationsphase trifft eine Welle schlechter Nachrichten auf die Märkte und treibt auch die letzten Optimisten zum Verkauf ihrer Aktien. In der Resignationsphase sind die Investoren so mürbe gemacht, dass sie von Aktien nichts mehr hören wollen.

Wie Emotionen das Anlegerverhalten beeinflussen

Investitionen in Phasen der Panik sind sicherer als Investitionen in normalen Marktphasen

Quelle: StarCapital

Meistens bildet sich das zweite Bein, wenn sich der Wirtschaftsabschwung in voller Wucht materialisiert. Aktienkurse bilden deshalb oft ihre Tiefstkurse aus, wenn auf den Titelseiten der Zeitungen steht, dass sich Deutschland/Europa in einer tiefen Rezession befindet. Wir nennen das den R-Indikator. Außerdem kommt es nach einem ersten Einbruch mit anschließender Erholung oft zu einer mehrmonatigen Bodenbildung, in der sich ein zweites Bein ausbildet.

Doch sind dies nur Erfahrungswerte aus der Vergangenheit, die sich nicht zwangsläufig zu wiederholen brauchen. Denn die Notenpressen laufen heiß und die Fiskalpolitik wirft alle Skrupel hinsichtlich neuer Schuldenorgien über Bord. Und es wird intensiv über Helikoptergeld im Sinne der Modern Monetary Theory (MMT) nachgedacht. Ob sich vor diesem Hintergrund eine zweite Chance zum Einstieg ergibt ist wahrscheinlich, aber keineswegs sicher. Zumal die Stimmung der Anleger immer noch extrem negativ ist.

In dieser Zeit der Unsicherheit hält man sich vielleicht am besten an das, was Warren Buffett in seinem Brief vom 22. Februar an die Aktionäre von Berkshire Hathaway schreibt: „Manchmal fallen Aktienmärkte 50% oder gar mehr. Doch langfristig sind Aktien die beste Wahl für jeden Anleger, der dazu nicht geliehenes Geld benutzt und seine Emotionen im Griff hat. Für alle anderen: Nehmt Euch in Acht!“

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen weiter viel Geduld und Disziplin

Peter E. Huber
Oberursel, Mitte April 2020

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