„Der Neidische wird ärmer, wenn er andere reicher werden sieht“.
Friedrich Hebbel (1813-1863) deutscher Dramatiker
Liebe Börsenfreunde,
der Siegeszug einiger weniger US-Technologiewerte setzte sich auch im Juni fort und führte zu Kursgewinnen von bis zu 190% (Nvidia) im ersten Halbjahr, während der große Rest des US-Aktienmarktes eher seitwärts tendierte. Dies führt zu einem enormen Druck auf Fondsmanager und Vermögensverwalter, noch auf den davonbrausenden Schnellzug zu springen. Wie soll man auch seinen Kunden erklären, dass man ausgerechnet bei den wenigen Rennern nicht dabei war? Seit der Tulpenzwiebelhausse im 17. Jahrhundert treiben Investoren einzelne Anlagen immer wieder in absurde Höhen. So hat Apple inzwischen einen Marktwert von 3000 Milliarden $ (!) erreicht und Analysten erwarten, dass die Aktie bald 4000 Milliarden $ wert sein wird. Microsoft bringt es auf eine Börsenkapitalisierung von 2500 Milliarden $. Wobei es mir völlig fern liegt, die Wertigkeit einer Apple- oder Microsoft-Aktie mit einer Tulpenzwiebel zu vergleichen!!
Klar ist, dass die künstliche Intelligenz (KI) unser Leben gravierend verändern wird. Ähnlich etwa wie seinerzeit die Einführung des Internets. Aber es ist noch keineswegs ausgemacht, dass die derzeitigen Favoriten auch die Nutznießer dieser Entwicklung sein werden. Dazu hat man einfach noch zu wenige Anhaltspunkte. Bisher gab es in jedem Jahrzehnt einen Megatrend an den Aktienmärkten. Von 2010 bis 2021 waren es die FAANGMAN-Aktien.
Interessant ist, wie sich die entsprechenden Titel nach einem Trendwechsel verhielten. So kam es regelmäßig zu einem ersten starken Einbruch der Kurse wie Ende 2021. Anschließend setzte aber oft nochmals eine kräftige Erholungsbewegung ein, bevor der eigentliche lange und schmerzhafte Abstieg begann.
Von einem gesicherten erneuten Aufwärtstrend der alten Favoriten kann man daher erst ausgehen, wenn der NASDAQ-Index sein altes Hoch bei 16.000 Punkten signifikant nach oben überschreiten würde. Nach den historischen Erfahrungen ist das bisher noch nie vorgekommen und erscheint daher eher unwahrscheinlich. Wobei man an der Börse aber nie etwas ausschließen sollte.
Deutschland: Investoren auf der Flucht!
Nach Ansicht der Bundesbank und der Bundesregierung hat die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal ihre Rezession beendet und steht vor einer neuen Aufwärtsbewegung, die 2024 ein Wachstum von 1,2% und 2025 von 1,3 % bringen soll. Leider deuten die konjunkturellen Frühindikatoren nach unserer Ansicht auf eine ganz andere Entwicklung hin. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) im verarbeitenden Gewerbe notiert tief im kontraktiven Bereich, die Auftragseingänge brechen ein, auch beim Geschäftsklima und Konsumklima sieht es übel aus und die EZB kündigt weitere Zinserhöhungen an. Der Wirtschaftsabschwung dürfte an Fahrt gewinnen.
Mit großer Sorge müssen wir beobachten, wie Deutschland als Investitionsstandort immer mehr an Attraktivität verliert. Ausländische Direktinvestitionen in Deutschland gehen rapide zurück. 2022 flossen 132 Milliarden Dollar mehr Direktinvestitionen ab, als in Deutschland investiert wurden. Unter 46 Staaten ist das der stärkste Abfluss (Quelle:DIW). Ursächlich dafür ist ein eklatantes Politikversagen, das zu hohen Strom- und Energiepreisen, hohen Unternehmenssteuern, einer bleiernen Bürokratie und einer maroden Infrastruktur geführt hat. Wenn man einem Unternehmen wie Intel 10 Milliarden Euro an Subventionen bezahlen muss (= 3 Mio Euro pro Arbeitsplatz), damit es überhaupt noch in Deutschland investiert, kommt dies einem Offenbarungseid gleich.
Wohin läuft der DAX?
Ende letzten Jahres erwarteten die Börsenexperten fast unisono eine Schwächephase im ersten Halbjahr, dem eine Erholungsbewegung im weiteren Jahresverlauf folgen sollte. Nachdem man mit diesen Prognosen wieder einmal grandios daneben gelegen hat, wird jetzt nach einer aktuellen Umfrage für das zweite Halbjahr eine Stagnation des DAX um 16.000 Punkte erwartet. Unsere Leser wissen, was wir von solchen Prognosen halten, nämlich gar nichts. Die Wahrheit ist, dass gerade an der Börse niemand in die Zukunft sehen kann.
Mit Sicherheit weiß man nur, dass die Aktienkurse in den letzten 200 Jahren real um durchschnittlich 7% pro Jahr gestiegen sind, wenn auch unter starken Schwankungen. Der DAX ist gerade 35 Jahre alt geworden. Er wurde am 1. Juli 1988 bei 1163,52 Punkten eingeführt, hat sich seither also ungefähr vervierzehnfacht. Und es spricht nichts dagegen, dass sich an dem langfristigen Aufwärtstrend in Zukunft etwas ändern wird. Aktien sind und bleiben die einzige Anlage, die vom Wachstum des Produktivvermögens profitiert.
Leider trifft man hierzulande nur wenige Leute, die mit ihren Aktienanlagen reich geworden sind. Dies liegt daran, dass man spekuliert statt langfristig zu investieren. Market Timing und Stock Picking sind große Geldvernichter und gehen meist in die Hose. Denn die Anleger kaufen sowohl Aktien zum falschen Zeitpunkt als auch die falschen Aktien. Entsprechende Untersuchungen durch das Analysehaus Dalbar bei amerikanischen Aktienanlegern über die letzten dreißig Jahre zeigen, dass diese im Schnitt jedes Jahr um vier Prozent hinter dem S&P 500 zurückgeblieben sind.
Wir investieren deshalb langfristig in ein breites und international diversifiziertes Portfolio aus niedrig bewerteten Value-Aktien. Davon gibt es auch heute mehr als genug! Aktuelle Marktschwankungen sitzen wir aus. Wenn die Märkte aber alle paar Jahre stärker einbrechen – wie zuletzt zu Beginn der Corona-Pandemie im März/April 2020 – stocken wir unsere Aktienquote antizyklisch auf.
Weiterhin viel Börsenerfolg wünscht Ihnen
Ihr
Peter E. Huber